Arbeiten bis der Arzt kommt
Manche Menschen, die sich wegen einer längst überholten Aussage des damaligen Ministers Norbert Blüm nicht frühzeitig um eine private Altersversorgung gekümmert haben, müssen sich nun diese Frage stellen. Die Altersarmut ist für viele Menschen – insbesondere für Frauen und Geringverdiener – real geworden. Sie wird viele schlecht versorgte Menschen in klassischen Niedriglohn- oder Nebenjobs noch härter treffen, wenn die prozentualen Rentenansprüche 2020 noch weiter abgesenkt werden.
Bereits jetzt warnen verschiedene Instanzen die Bundesregierung davor, die Rente noch weiter abzusenken. Viele Bundesbürger haben als Geringverdiener, erwerbsgeminderte Personen oder Arbeitssuchende gar keine Möglichkeit, die Raten für eine private Zusatzrente zu bezahlen. Die Zahl der Rentner, die nach Erreichen des Rentenalters weiterhin arbeiten müssen, wächst stetig. Möchten Sie mit siebzig oder achtzig Jahren noch jobben müssen? Wenn Sie diese Frage mit „nein“ beantworten, sollten Sie sich bereits in jungen Jahren um eine gesicherte Finanzierung für die Rente mit 67 kümmern. Ohne private Zusatzversicherung können Sie von der staatlichen und/oder betrieblichen Rente kaum noch leben. Eine vorgezogene Rente mit 63 Jahren dürfte für die meisten Bundesbürger zukünftig nicht mehr ohne weiteres realisiert werden können. Wer sie in Anspruch nehmen kann, verliert oft prozentuale Rentenansprüche. Möglich ist es, im Alter von 67 eine Teilrente zu beantragen und halbtags im eigenen Beruf weiterzuarbeiten. Das klingt nicht gerade nach der Erfüllung eines Lebenstraums.
Für viele Menschen stellt sich diese Frage zukünftig anders. Es ist heutzutage nicht mehr üblich, dass man in einem Beruf und einer Lebensstellung alt werden kann. Bevor man 45 Rentenjahre zusammen hat, können durch abgebrochene Universitätsstudien, längere Krankheit oder jahrelange Arbeitslosigkeit Lücken in der Rentenbiografie entstehen. Hinzu kommt der Umstand, dass viele Bundesbürger auch nach Erreichen des Rentenalters wegen einer zu kleinen Rente weiter arbeiten müssen. Immer mehr Rentner sind auf Grundsicherung und stattliche Hilfe angewiesen. Die Dunkelziffer derer, die ein Anrecht darauf hätten, die Leistung aber nicht in Anspruch nehmen, ist hoch. Sichtbar ändert sich die Klientel an den sogenannten „Tafeln“. Bei immer mehr Familien und Rentnern reicht das Geld nicht mehr bis zum Monatsende. Daraus folgt logisch, dass Schmalhans Küchenmeister wird.
Schönredner behaupten, arbeitende Rentner wollen nicht zum alten Eisen gehören und arbeiten gerne über die Rentenzeit hinaus. Daran darf man allerdings zweifeln. Für viele Menschen ist die Arbeit keineswegs ein unverzichtbarer Lebensinhalt. Hätten sie das Geld, würden viele Rentner lieber reisen. Oftmals ist es die schlichte Notwendigkeit des finanziellen Überlebens, dass Rentner weiter arbeiten. Wer in jungen Jahren nicht an eine private Altersvorsorge gedacht hat, sitzt jetzt in der Tinte. Er kann aller Voraussicht nach weder mit 63 noch mit 67 Jahren in Rente gehen. Solche Menschen können ihre Rente zwar beantragen, aber nicht davon leben. Folglich arbeiten immer mehr Rentner bis ins hohe Alter in ihren erlernten Berufen oder nehmen Nebenjobs an. Daran ändert auch der kürzlich eingeführte Mindestlohn nicht viel. Er betrifft ja nicht die hohe Zahl derer, die bereits jetzt 35 Rentenjahre zusammen haben, aber lebenslang in schlecht bezahlten Berufen gearbeitet haben oder mit 55 chronisch krank oder erwerbslos wurden.
Wer jung ist, macht sich häufig keine Sorgen um das weit entfernt liegende Alter. Das ist aber ein Fehler. Zukünftig fallen nicht nur alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen auf die Patienten zurück, sondern die Bundesbürger müssen auch höhere Eigenleistungen im Pflegefall oder bei Eintritt des Rentenalters erbringen.
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