Immer weiter nach oben schnellt die Anzahl jener Rentner in Deutschland die der Steuerpflicht unterliegen.
Parallel dazu fällt die Einkommensgrenze, ab welcher die Rentner an den Fiskus zahlen müssen. Die Bild-Zeitung hat jetzt berichtet, dass im Jahr 2014 zum ersten Mal davon auch neue Rentner betroffen seien, wenn sie in ihrem Erwerbsleben weniger verdient haben als das Lohnmittel.
Die Gazette aus dem Axel-Springer-Verlag zitiert aus einem Bericht des Bundesministeriums für Finanzen, wonach das Steuerlimit für Neurentner (alleinstehend) ohne weitere Geldeinnahmen nur noch bei einer Bruttorente von 1.225 € im Monat liege. Bei Paaren erhöht sich die Steuergrenze um 100 %. Zum ersten Mal ist damit die so genannte Eckrente von 1.266,30 € unterschritten worden, die mit einem durchschnittlichen Verdienst nach 45 Beitragsjahren generiert wird. Vor zehn Jahren noch lag die Steuergrenze bei alleinstehenden Ruheständlern bei 1.599 €, bei Nachgelagerte Besteuerung bringt Verschlechterung Rentnerehepaaren bei 3.198 €. Die Verschlechterung ist dem Alterseinkünftegesetz geschuldet, das am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Das Altersruhegeld unterliegt seit diesem Tag einer immer größer werdenden Anzahl nachgelagerter Besteuerung. Das Jahr des Rentenbeginns setzt den Zeitpflock, von dem der zu versteuernde Anteil abhängig ist. So mussten im Jahr 2005 zuerst 50 % an das Finanzamt abgedrückt werden, dieser Anteil steigt seitdem Jahr für Jahr um zunächst 2 % (bis zu einer Höhe von 80 %), um dann bis 2040 jeweils einen Prozentpunkt zuzulegen, bis 100 % erreicht worden sind. Somit müssen Rentner ab dem Jahr 2040 ihr Altersruhegeld also einer Vollbesteuerung unterziehen. Außerdem gilt für die davor liegenden Rentenjahrgänge, dass der Anteil, der steuerfrei ist, betragsmäßig fixiert wird und sich dann auch nicht mehr ändert. Wenn also die Rente nach oben geschraubt wird, vergrößert sich dadurch ausschließlich der Anteil, der an den Fiskus gezahlt werden muss.
Dabei beruft sich das Gesetz auf ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, das moniert hatte, das gesetzliche Renten und Pensionen von Beamten steuertechnisch nicht gleich behandelt werden. Während die Rente Elemente beinhaltet, die unversteuert sind, müssen Beamte ihre Pensionen komplett beim Fiskus versteuern. So werden während der Erwerbszeit Aufwendungen für die Altersvorsorge immer mehr von der vorgelagerten Besteuerung freigemacht, damit keine Doppelbesteuerung eintritt. Da der zu versteuernde Anteil immer höher wird, fallen auch immer mehr Altersruheständler in die Steuerpflicht. 2004 mussten rund 1,8 Millionen (von rund 20 Millionen) Rentner Steuererklärungen anfertigen, laut Bild-Zeitung schnellte die Anzahl bis 2008 auf rund 2,8 Millionen nach oben. Relativ geringe Abgaben Für die meisten Ruheständler dürfte sich der Steuerbetrag an sich im Moment noch im Rahmen halten, da von der Bruttorente nicht nur der steuerfreie Anteil subtrahiert wird, Rentner haben auch die Möglichkeit, eine Pauschale für Werbungskosten in Höhe von 102 €, Aufwendungen von 1.286 € sowie eine Pauschale für Sonderausgaben in Höhe von 36 € abzusetzen. So zahlen Neurentner des Jahres 2014 bei einer angenommenen brutto Rente in Höhe von 1220 € für das gesamte Jahr ergo 30 € an den Fiskus. Paare müssen das Doppelte bezahlen. Erwerbstätige, die 2013 in Ruhestand getreten sind, erfreuen sich hingegen einer kompletten Steuerfreiheit bei der Rente in Höhe der neuen Steuergrenze von 1.225 €.
Ein weiteres heißes Eisen beim Thema Altersruhestand ist die Rente mit 63. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD festgeschrieben, dass derjenige, der 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat, in Zukunft ohne Abschläge schon mit 63 Jahren seinen Lebensabend feiern darf. Gegen die Pläne von Schwarz-Rot laufen Vertreter der Wirtschaft allerdings jetzt Sturm. Es wird eine Frühverrentungswelle befürchtet, Widerstand zeigt sich aber auch in der Politik selbst. Mächtig auf die Tube drückt beim Thema Rentenreform nämlich die neue Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles von der SPD. Die „Rheinische Post“ will aus Regierungskreisen jetzt erfahren haben, dass ein entsprechender Gesetzentwurf schnell vorgelegt werden soll. Aller Voraussicht nach wird sich das Kabinett noch im Februar 2014 mit dem Entwurf beschäftigen. Die ehemalige Generalsekretärin der SPD möchte ein komplettes Paket aus Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner, abschlagsfreier Rente mit 63 und Mütterente schnüren. Nahles legt ein solches Tempo vor, damit alle drei Rentenreformteile schon zum 1. Juli in Kraft treten können. Diskutiert wird außerdem, dass bei der Rente mit 63 auch fünf Jahre der Erwerbslosigkeit unter Berücksichtigung genommen werden.
Naturgemäß gehen Wirtschaftsvertreter mit den Vorschlägen der SPD nicht konform. So befürchtet zum Beispiel Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer eine Welle der Frühverrentung. Im „Handelsblatt“ erklärt Kramer, dass eine abschlagsfreie Rente mit 63 die schrittweise Einführung der Rente mit 67 in weiten Teilen aushebeln würde. „In den nächsten Jahren wäre die Rentenversicherungsbelastung fast genauso hoch wie die Rentenentlastung durch das Modell Rente mit 67“, so Kramer. „Wenn in Zukunft auch Arbeitslosigkeitszeiten dabei berücksichtigt werden sollen, wenn jemand die volle Rente beziehen möchte, wird ein weiteres Feld für Frühverrentung geschaffen.“ Auch der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer warnt vor einem Frühverrentungsdesaster, das schon mal in den 1990er Jahren über Deutschlands Wirtschaft kam. „Es werden falsche Anreize auf Kosten der Beitragszahler gesetzt, wenn Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Rente mit 63 einfließen sollen“, so Lutz Göbel in der „Süddeutschen Zeitung“. Die Kritik des BDA wurde von einer Sprecherin des Arbeitsministeriums zurückgewiesen, das Gesetz werde nicht die Frühverrentung zum Ziel haben, im übrigen sei dies auch nicht die Politik dieser Bundesregierung.
Aber auch einige Großkoalitionäre sind mit den Plänen der SPD nicht zufrieden. So legte CSU-Boss Horst Seehofer bereits ein Veto gegen die abschlagsfreie Rente mit 63 ein, wenn in den Beitragsjahren eine lange Arbeitslosigkeit enthalten ist. So soll derjenige, der im geplanten Zeitraum von 45 Beitragsjahren insgesamt länger als fünf Jahre ohne Arbeit war, erst später verrentet werden dürfen. Der Bild-Zeitung erklärte der CSU-Vorsitzende, dass mehr als fünf Jahre nicht angerechnet würden. „Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die ihr Leben lang geschuftet haben“, unterstrich Seehofer. Da passe unbegrenzte Arbeitslosigkeit nicht sein. Wolfgang Steiger, seines Zeichens Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, sieht in den Beschlüssen der Großen Koalition gar eine schlimme Fehlentwicklung.
„SPD und Union machen im Moment keine Politik für die Zukunft unseres Landes. Schließlich steigt die Lebenserwartung der Menschen“, konstatiert Steiger. „Menschen, die 100 Jahre oder älter sind, werden in naher Zukunft der Normalfall sein, deshalb darf es als Konsequenz nicht die Absenkung des Renteneintrittsalters von 67 auf 63 Jahre geben, sondern das Renteneintrittsalter muss von 67 auf 69 Jahre angehoben werden.“ DGB und Verdi für Anrechnung tatsächlicher Arbeitslosigkeit Naturgemäß ist der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) da ganz anderer Meinung. So fordert der DGB-Vorsitzende Michael Sommer vor allem hinsichtlich der ostdeutschen Rentner, dass man die tatsächlichen Zeiten der Arbeitslosigkeit anrechnen müsse – und zwar so viele Jahre wie möglich. „Fünf Jahre sind auf alle Fälle deutlich zu wenig“, meint Sommer. Frank Bsirske, Chef von Verdi, ist auch für eine unlimitierte Berücksichtigung von Lebensabschnitten, in denen zukünftige Rentner keine Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) hat in einer Umfrage zu Tage gefördert, dass die Mehrheit der Deutschen sich für eine flexiblere Lösung bezüglich des Renteneintritts aussprechen, im Moment sehen aktuelle Gesetze und vorgeschlagene Konzepte für den Start in die Altersuhrzeit aber her unverrückbare Grenzen vor.
DIA (Deutschen Instituts für Altersvorsorge) befragte dabei rund 1.000 Bürger, 70 % der Studienteilnehmer sprachen sich dabei für einen Zeitkorridor von mehreren Jahren aus, in dessen Grenzen der Start in das Rentenleben möglich sein soll. Außerdem könnten sich 71 % der Befragten auch mit einer Lösung zufrieden geben, die nur ein Mindestalter vorgelegt. Laut der Umfrage ist eine knappe Mehrheit dafür, dass die Lebensarbeitszeit verlängert wird. Rund 56 % könnten sich auch damit anfreunden, dass der Zuwachs der Lebenserwartung zu einem Drittel auf die Rentenzeit und zu zwei Dritteln auf das Arbeitsleben verteilt werden.
Unter Berücksichtigung genommen werden die in Deutschland geltenden Regelaltersgrenzen auch in vielen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen. Wenn diese Grenze erreicht wird, endet auch das Arbeitnehmerverhältnis der Beschäftigen. 2013 unterlagen zwei Verdi-Mitarbeiter vor dem Bundesarbeitsgericht, die trotz Erreichen der Altersgrenze ihren Job nicht aufgeben wollten. In vielen anderen Länder Europas sind flexiblere Renteneintritte an der Tagesordnung. Paradebeispiel dafür sind Großbritannien, Norwegen oder Finnland. Laut DIA etablierte Finnland im Jahr 2005 ein flexibles Eintrittsalter in die Rente, dort können die Arbeitnehmer zwischen 63 und 68 Jahren in den Ruhestand gehen. Erwerbstätige, die vor 63 mit dem Arbeiten aufhören möchten, müssen hingegen mit hohen Abschlägen bei der Rente rechnen.
Im Moment steigt das Alter, ab dem jeder Erwerbstätige in Deutschland ohne Abschläge in den Ruhestand gehen kann, Schritt für Schritt von ehemals 65 auf zukünftig 67 Jahre. Die Pläne von Bundesarbeitsministerin Nahles, ab dem Jahr 2018 zur Rentenfinanzierung auch Steuergelder zu verwenden, wird vom Bundesfinanzministerium, das CDU geführt ist, torpediert. Viele Unionspolitiker sind stinksauer über die Nahles-Pläne. Der „Bild am Sonntag“ erklärte beispielsweise der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), dass die Ministerin auf die Finanzierbarkeit ihrer Vorschläge zu achten habe. „Die Rentenpolitik ist kein Wunschkonzert“, verkündet Kampeter. Wir können nur das finanzieren, wofür wir auch Geld haben.“ Peter Tauber, CDU-Generalsekretär, erklärte in der gleichen Gazette, dass man in den Koalitionsverhandlungen ganz klar vereinbart habe, dass es keine Steuererhöhungen geben werde. Tauber: „Jedes Mitglied des Kabinetts, das neue Vorschläge auf den Tisch bringt, muss auch erklären, wie diese aus dem eigenen Budget finanziert werden können.“ Damit die Rentenbeiträge stabil bleiben will Nahles ab 2018 die anvisierten Rentnererhöhungen auch über Steuermittel gegen finanzieren. „In der Koalition ist ganz klar verabredet worden, dass wir eine steuerliche Flankierung brauchen“, erinnert sich Nahles. Also ein Haken im Koalitionsvertrag? Experten jedenfalls sind der Ansicht, dass aufgrund der teuren Reformen der Rentenbeitrag ohne zusätzliche Finanzspritze aus dem Bundeshaushalt 2018 steigen werde, dann seien die Rentenkassenreserven schließlich aufgebraucht.
In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums, dass das Nahles-Statement nicht den Absprachen in der Koalition widerspreche, da in dieser Legislaturperiode das geplante Rentenpaket komplett aus der Rentenversicherung finanziert werden könne. Im Moments gibt es vom Bund eine Finanzspritze von mehr als 180 Milliarden € an Steuergeldern pro Jahr, um die Rentenversicherung zu finanzieren. Der Rentenbeitrag hat sich bei 18,9 % eingependelt. Die Große Koalition hat vereinbart, dass dieser Beitrag nicht wie eigentlich geplant 2014 gesenkt wird. So will man für die Finanzierung des Rentenpakets mehr Geld zur Verfügung haben.
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